Weidegespräche in der Weidesaison 2025

Austausch zwischen Politik und Landwirtschaft auf Augenhöhe

Über die Weidesaison 2025 fanden vier Weidegespräche auf landwirtschaftlichen Flächen und Projektbetrieben in Donaueschingen, Grafenhausen, Eisenbach und Bernau statt. Ziel der Gespräche war der direkte Austausch zwischen örtlichen Landwirtinnen und Landwirten sowie Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Verwaltung, Herdenschutz und Forschung. Die Gespräche boten Raum für konkrete Erfahrungen, offene Fragen und kritische Diskussionen.

Stellvertretend für die gesamte Veranstaltungsreihe werden im Folgenden die Weidegespräche Grafenhausen und Eisenbach dargestellt, das zentrale Themen und Positionen deutlich machte.

Es nahmen unter anderem der Vorsitzende der Erzeugergemeinschaft Bio-Weiderind, , Vertreter des BLHV, das Herdenschutzprojekt Südschwarzwald, Vertreterinnen der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA), der Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamts Waldshut, Gemeinderäte, die Wildtierbeauftragten, sowie Karl-Heinz Lieber, Leiter der Abteilung Naturschutz aus dem Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg sowie einige Landwirte aus Grafenhausen und den umliegenden Gemeinden teil.

Karl-Heinz Lieber eröffnete die Veranstaltung. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde wurde das Gespräch wetterbedingt zunächst unter einem Dach geführt, bevor die Gruppe zu nahegelegenen Weideflächen aufbrach.

Den Auftakt bildete die Schilderung eines Landwirts aus Grafenhausen über einen Vorfall mit einer Jungviehherde, die unter erheblichem Stress durch den Zaun in den Wald ausbrach. Die Tiere mussten anschließend über zwei Wochen intensiv am Hof betreut werden, da sie sich nicht mehr auf die Weide zurückführen ließen. Ein vergleichbarer Vorfall ereignete sich rund 15 Kilometer entfernt: Auch dort zeigte sich eine Herde extrem unruhig, durchbrach einen Zaun und verstreute sich auf andere Flächen, wo Alttiere offenbar Schutz boten. Es wurde von den Betroffenen der Verdacht geäußert, dass die Tiere aufgrund einer möglichen Wolfsattacke in Panik geraten waren. In beiden Fällen kamen keine Tiere zu Schaden. Der zeitliche, emotionale und organisatorische Aufwand für die betroffenen Betriebe war jedoch enorm.

Besonders die psychischen Belastungen nach den Vorfällen und der gesellschaftliche Druck, etwa durch Nachfragen aus der Bevölkerung sei enorm, berichteten die betroffenen Landwirte.

Aus der Landwirtschaft wurde der Wunsch geäußert, dass bei einem Rissverdacht oder einem auffälligen Ausbruch einer Herde umgehend Wildtierkameras in der Nähe installiert werden, um die Anwesenheit eines Wolfs überprüfen zu können. Die Landwirte forderten, dass Entschädigungen bei einem Wolfsriss auch dann erfolgen sollten, wenn kein DNA-Nachweis vorliegt, sofern eine fachkundige Person einen Wolfsriss anhand des Rissbildes eindeutig feststellt.

Die anschließende Begehung führte die Teilnehmenden auf eine abgelegene Abkalbeweide eines Milchviehbetriebes. Hier wurde der erhebliche Mehraufwand einer möglichen fünflitzigen Herdenschutzzäunung durch die Gegebenheiten vor Ort am Waldrand und die Abgelegenheit besprochen. Diskutiert wurde auch, ob der Aufwand für die Schutzmaßnahmen verhältnismäßig ist oder ob es unter Umständen vertretbar ist, ein erhöhtes Risiko eines Wolfsrisses in Kauf zu nehmen.  Herdenschutzmaßnahmen werden im ausgewiesenen Wolfspräventionsgebiet in Baden-Württemberg umfassend gefördert und genetisch nachgewiesene Risse durch Wölfe bei Rindern werden entschädigt.

Ein weiterer Aspekt wurde beim Weidegespräch in Eisenach verdeutlicht: Dort besuchte die Gruppe eine junge Bullenherde, die nach aktuellen Kriterien nicht als geschützt gilt, dennoch machten die Tiere bereits ab einem Alter von etwa zwölf Monaten durch ihre Körpergröße und ihr Gewicht einen deutlich wehrhaften Eindruck. Aus der Praxis kam der Impuls, die bestehenden Definitionen für wehrhafte Tiere zu überdenken und um Jungbullen ab einer gewissen Größe und einem noch festzulegenden Gewicht zu ergänzen, die sich nach Einschätzung der Halterinnen und Halter durchaus selbst schützen können.

Die Themen „DNA-Nachweis“ sowie „herdenbedingte Ausbrüche“ und Jungbullen als „wehrhafte Alttiere“ wurden von den Vertretern des Umweltministeriums nach Stuttgart mitgenommen und sollen im Austausch mit der FVA, LAZBW und dem Herdenschutzprojekt zeitnah geprüft werden.

Alle Teilnehmenden einte das gemeinsame Ziel: Der Erhalt der einzigartigen Kulturlandschaft des Schwarzwalds gemeinsam mit den Menschen, die sie aktiv bewirtschaften und pflegen. Dies bietet eine solide Grundlage für einen konstruktiven Austausch auf Augenhöhe, wie er bei den Weidegesprächen wahrzunehmen war.